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BREATH for Art Container Steffisburg

Multimedia Installation, Sound Design by Abdullha Benabdallah
800 x 640 x 260 cm – LxBxH
2012
BREATH @ www.Youtube.com  
Thanks to Ines Meyer for the beautiful movie

BREATH
 
Das Volumen der zwei blauen Fracht-Container ist, trotz ihrer Grösse, viel zu knapp bemessen für die darin platzierte riesige braune Lunge. Die beiden Lungenflügel füllen sich mit Luft, versuchen sich auszudehnen, kämpfen gegen die metallene räumliche Begrenzung, scheitern, entleeren sich und beginnen Sisyphus gleich aufs Neue mit ihrem Überlebenskampf.
 
Die simulierte Atembewegung des Organs wird durch grosse, aussenliegende Ventilatoren angetrieben. Sie stehen als Sinnbild für Technologie und Wissenschaft. Die Container wiederum könnten die globale Logistik und Migration symbolisieren. Nur durch künstliche Beatmung kann der Kollaps vermieden, beziehungsweise verzögert werden. Das vermeintliche Atemgeräusch der Installation ist digital verfremdet. Für die Toninstallation zeichnet sich der Soundexperte Abdullah Benabdallah verantwortlich. Er verwendete unter anderem „kosmische Geräusche“ der NASA für dieses Werk.
 
Mit „Breath“ untersucht Carlo Borer, wie bereits in seinen „NoReadymades“, Erscheinungsformen und Rituale unserer Kultur. Er macht auf allgegenwärtige Themen wie die Überbevölkerung, neue lebenserhaltende Technologien, das Transportwesen in einer globalisierten Gesellschaft und unsere endlichen Ressourcen aufmerksam. Seine Bewunderung für Wissenschaftler, Entdecker und Tüftler, welche mit ihrer Forschung und Erfindungen den heutigen Lebensstil überhaupt ermöglichen, ist aufrichtig, wenn auch kritisch. Der Künstler betont: „Das erstaunlichste und gefährlichste an der heutigen Zeit ist das Phänomen, dass wir dank der Massenproduktion immer günstigere und bessere Lifestyle-Produkte, wie Autos, Smartphones und Kleincomputer in unseren Alltag integrieren. Das Leben scheint immer besser, bequemer und einfacher zu werden. Die Quantität der Massenproduktion, der Preis, ebenso wie die Qualität, sind jedoch proportional, wenn nicht sogar exponentiell verbunden mit der Überbevölkerung und der Zerstörung der Natur, bzw. unserer endlichen Ressourcen. Unser Erfolg gibt uns ein falsches und trügerisches Feedback.“
 
Das „am Leben Erhalten“ des Container-Lebewesens „Breath“,  steht für ein pessimistisches, aber auch liebevolles Sinnbild unserer Kultur und quantitativ explodierenden Menschheit. Durch die poetische Kombination eines assoziativ aufgeladenen Readymades mit einem ebenso Sinn geladenen, überdimensionierten Organgebilde gelingt Borer ein optischer und inhaltlicher Bruch, der den Betrachter zum Innehalten anregt. Er zwingt uns für einen Moment, den Atem anzuhalten und die eigene Zivilisation mit anderen Augen zu sehen, aus einer womöglich nachdenklicheren Warte als sonst.
 
Florence Isler im Austausch mit dem Künstler


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